"Eine Ausprägung tiefverwurzelter Bedürfnisse"
Schon etwas älter, aber trotzdem ein interessanter Artikel zum Thema Nahverkehr und autofreie Städte:
Trotzdem warnt Canzler vor der "Utopie einer autofreien Stadt". Denn die Entscheidung vieler Bürger, das relativ gute Nahverkehrsnetz Berlins nicht zu nutzen und sich statt dessen ans Steuer zu setzen, sei auch eine Ausprägung, "tiefverwurzelter Bedürfnisse". Das Auto steht für Basistrends unserer Gesellschaft: Individualisierung, Flexibilisierung, Pluralisierung. Es ist technischer Ausdruck des allgemeinen Wunsches nach "Selbstbeweglichkeit, der Illusion faktischer Selbstbestimmung – trotz Staus, Parkplatznot und anderer Widrigkeiten".
Das wird von vielen Kritikern des Autoverkehrs deutlich unterschätzt. Das Auto ist eben nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern Symbol für viele andere Dinge von denen die Illusion der Selbstbestimmung nur eins ist. Ganz weit oben stehen auch Status und Erwachsensein. Nicht umsonst ist für fast alle Jugendliche der Führerschein die Initiation ins Erwachsenenleben.
Allerdings ist das auch nicht gottgegeben. In einigen Cliquen gilt es schon als uncool, Auto zu fahren. Das Umdenken setzt langsam ein und je mehr autofreie Gebiete es gibt, um so mehr werden sich diese Bedürfnisse andere Bahnen suchen. Irgendwann muss man sich fragen, wieviel Opfer uns die anerzogenen Bedürfnisse einer Gruppe von Menschen wert sind.