Autofreie Stadt: Menschenhttp://www.autofreie-stadt.de/tag/menschen/Neue Artikel aus der Rubrik Menschende-deThu, 17 Jan 2013 10:22:54 -0000Wiener wohnen autofrei - neue Studie http://www.autofreie-stadt.de/2009/07/wiener-wohnen-autofrei-neue-studie/ <p>Das autofreie Stadtviertel Floridsdorf in Wien besteht schon seit zehn Jahren. Bei Einzug verpflichten sich dort die Mieter, ohne Auto zu leben. Die Stadtverwaltung gab nun eine Studie in Auftrag, um die Lebenssituation im Bezirk zu untersuchen.</p><p>Die Ergebnisse sind durchaus interessant: so wird das Fahrrad im Vergleich zum Wiener Durchschnitt etwa zehnmal so häufig genutzt! Im Durchschnitt kommen auf jeden Bewohner 1,5 Fahrräder - gerechnet wurde mit 2,5 Fahrrädern pro <em>Haushalt</em>, so dass zusätzliche Fahrradboxen und Unterstellmöglichkeiten nötig wurden.</p><p>Besonders auffallend: etwa ein Viertel aller Bewohner gab das Auto auf, um in die Siedlung ziehen zu können. Der Wille für ein anderes Verkehrsverhalten ist also durchaus vorhanden, sobald das entsprechende Umfeld geschaffen ist.</p><p>Im Freiburger Vauban-Viertel (über das vor kurzem sogar in der <a href="http://www.nytimes.com/2009/05/12/science/earth/12suburb.html">New York Times</a> berichtet wurde) ist dieser Anteil laut einer anderen Studie sogar noch höher: 57% der Bewohner verkauften dort ihr Auto, um einziehen zu können. Dabei war der Autoverzicht dort freiwillig, die Bewohner konnten Parkplätze im benachbarten Parkhaus zu Marktpreisen (ca. 10.000 €) erwerben. Diejenigen, die dies "zur Sicherheit" taten, merkten zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie die Flächen so gut wie gar nicht nutzten.</p><p>Überraschend ist auch, dass laut der Wiener Studie in den europäischen Ballungszentren und urbanen Gebieten etwa 40% der Haushalte ohne Auto leben. Es wird Zeit, dass sich diese Gruppe endlich der Politik gegenüber bemerkbar macht. Das Auto ist in den Städten sehr viel präsenter, als sich rational rechtfertigen lässt.</p><p>Hier geht es zur <a href="http://wohnbauforschung.at/Downloads/Autofreies_Wohnen_LF.pdf">vollständigen Wiener Studie</a> und einer <a href="http://wohnbauforschung.at/Downloads/Abstract_Autofreies_Wohnen_DE.pdf">Zusammenfassung der Ergebnisse</a>.</p> http://www.autofreie-stadt.de/2009/07/wiener-wohnen-autofrei-neue-studie/Das Gesetz der Zeitkonstanz http://www.autofreie-stadt.de/2009/03/das-gesetz-der-zeitkonstanz/ <p>Für viele ist höhere Geschwindigkeit ein Frage der Effizienz: je schneller das Fortbewegungsmittel, desto mehr Zeit würde gespart. Viele Autofahrer gehen davon aus, dass ihr Auto aus reinen Zeitgründen unverzichtbar wäre. Die Deutsche Bahn denkt ähnlich und setzt mit Millionenaufwand ICE-Sprinter ein, damit man in kürzester Zeit von Berlin nach Hamburg kommt.</p><p>Aus irgendeinem Grund scheint es trotzdem nicht zu funktionieren. Die Freizeit wird nicht größer, wenn man schneller durch die Stadt rast. Das Wochenende in Spanien wird durch die Flugzeit wieder aufgefressen. Entspannter ist niemand.</p><p>Unter anderen hat Hermann Knoflacher für dieses Phänomen das <em>Gesetz der Zeitkonstanz</em> entwickelt: die Entscheidung für oder gegen einen Weg fällt demnach nur anhand der gebrauchten Zeit, nicht der Wegstrecke. Wer sich überlegt, näher an die Arbeitsstelle zu ziehen, macht das nicht anhand der Kilometerzahl, sondern aufgrund der geschätzten Zeit, die er von zuhause bis zur Arbeit braucht.</p><p>Auf einmal wohnt und arbeitet man also nicht mehr in Berlin, sondern pendelt täglich von Berlin nach Wolfsburg oder gar Hamburg. Geht ja genau so schnell.</p><p>Das ändert das Bild natürlich völlig: statt zu mehr Freizeit zu führen, bringt der Autoverkehr im Vergleich zum Fußgänger also nur eine größere Raumausdehnung. Man kauft nicht mehr um die Ecke ein, sondern im Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Die Kinder gehen nicht in die Schule im Viertel, sondern in das Gymnasium am anderen Ende der Stadt.</p><p>Gewonnen ist damit wenig, außer unbewohnbaren Städten, die von Schnellstraßen durchzogen sind. Denn wenn sich die Durchschnittsgeschwindigkeit erstmal für alle erhöht hat, wird auch von allen erwartet, dass sie genau so mobil sind. Erst wenn sich alle wieder langsamer durch die Städte bewegen, wird die Bewegung auch für alle wieder entspannter.</p> http://www.autofreie-stadt.de/2009/03/das-gesetz-der-zeitkonstanz/Wer Straßen sät wird Verkehr ernten http://www.autofreie-stadt.de/2009/03/wer-strassen-saet-wird-verkehr-ernten/ <p>In der Verkehrsplanung wird die Regel "<em>Angebot schafft Nachfrage</em>" normalerweise völlig unterschätzt. Für viele Planer scheint die Nachfrage nach Verkehrswegen, also die Anzahl von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern, eine unabhängige Größe zu sein. Diese Nachfrage müsse nur mit einem entsprechenden Angebot an Straßen und Fahrradwegen befriedigt werden. </p><p>Ständige Staus auf der Straße könnten nach dieser Theorie durch den Bau neuer, größerer Straßen gelöst werden. Wenn die neuen Straßen dann wieder gestaut sind, scheint sich die Nachfrage wieder erhöht zu haben und neue Straßen sind notwendig. Unterstützt wird diese Theorie von der herrschenden Meinung in den Wirtschaftswissenschaften, die davon ausgeht, dass Menschen feste Vorlieben haben und diese - soweit finanzierbar - umsetzen.</p><p>In der Realität ist das Gegenteil der Fall: wenn eine gestaute Straße verkleinert wird, wie <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Sanfte_Mobilit%C3%A4t#Angebot_schafft_Nachfrage">1993 die Münchner Donnersbergerbrücke wegen Bauarbeiten</a>,fließt der Verkehr sogar flüssiger, denn die meisten Autofahrer steigen einfach auf alternative Verkehrsmittel um. Wenn dagegen eine Straße vergrößert wird, vervielfacht sich der durchfließende Verkehr, bis die Straße wieder verstopft ist.</p><p>Gestützt wird das zum Beispiel von Untersuchungen des deutschen Psychologen <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Gigerenzer#Bauchentscheidungen">Gerd Gigerenzer</a>. Er geht davon aus, dass viele Entscheidungen, die wir als Menschen treffen, von unterbewussten Entscheidungsprozessen gefällt werden. Dazu benutzen wir Heuristiken, also Daumenregeln, die wir ohne es zu merken ständig entwickeln und mit der Realität abgleichen.</p><p>Eine sehr wichtige dieser Daumenregeln ist "<em>Weiche nicht von der Vorgabe ab</em>". Solange es keinen zwingenden Grund gibt oder man nicht bewusst über die gesellschaftliche Vorgabe reflektiert, wird man einfach das machen, was alle machen. Ein Beispiel von Gigerenzer ist die Organspende: nur 4,3% der Deutschen würden ihre Organe im Todesfall spenden, dagegen 99,9% der Österreicher.</p><p>Die Erklärung: in Österreich ist die Zustimmung zur Organentnahme gesetzliche Vorgabe, in Deutschland das Gegenteil. Jeder kann sich zwar kostenfrei und ohne großen Aufwand umentscheiden, die weitaus größte Mehrheit tut das aber nicht.</p><p>Nach der wirtschaftlichen Theorie müßte jeder eine feste Meinung zu dem Thema haben und wenn die Vorgabe nicht der eigenen Meinung entspricht, entscheidet man sich eben bewußt. Das passiert aber nicht, weil die Vorgabe auch Einfluß auf die eigene Meinung hat: wenn es Gesetz ist, wird das schon so seine Richtigkeit haben.</p><p>Das bedeutet, je mehr Fahrradwege es gibt, desto mehr Menschen fahren Fahrrad. Je mehr Straßen es gibt und je zugeparkter die Bürgersteige, desto mehr Menschen fahren Auto. Schließlich machen das ja alle...</p> http://www.autofreie-stadt.de/2009/03/wer-strassen-saet-wird-verkehr-ernten/Räder gegen Beine http://www.autofreie-stadt.de/2009/01/raeder-gegen-beine/ <p><img class="right" src="/media/autofrei/fussgaengerzone.gif" />Ein ständiger Konflikt in der Stadt besteht zwischen beräderten Verkehrsteilnehmern und Fußgängern. Fahrradfahrer und Autofahrer halten sich oft für die größten Widersacher, dabei haben sie ihre Räder gemeinsam. Fußgänger dagegen nutzen die älteste Art der Fortbewegung und die gehorcht anderen Gesetzen.</p><p>Während beräderte Gefährte sehr schnell werden können, ist man zu Fuß in der Regel deutlich langsamer - dafür aber sehr viel wendiger. Als Fußgänger kann man jederzeit stehenbleiben, einen Haken schlagen oder zwei Schritte rückwärts machen, um einen Euro vom Gehweg aufzuheben.</p><p>Beim Überqueren der Straße oder wenn Fahrräder auf dem Gehweg unterwegs sind, führt eine solche Bewegung schnell zu einer Kollision. Rad- und Autofahrer kalkulieren oft sehr knapp, huschen schnell hinter einem Fußgänger vorbei und rechnen nicht damit, dass der nicht denselben Gesetzmäßigkeiten folgt wie sie.</p><p>Letztlich ist das aber der Vorteil am zu Fuß gehen: man ist eben nicht ständig in Eile.</p><p>Leider haben die Räder durch ihre höhere Geschwindigkeit auch mehr Durchsetzungsvermögen. Wem auf dem Gehweg ein Fahrrad entgegenkommt, der weicht erstmal aus, auch wenn das dem Fahrradfahrer einfacher fallen würde. </p><p>Deswegen braucht selbst eine autofreie Stadt getrennte Geh- und Fahrwege: wenn sich Fahrradfahrer auch oft als Verbündete der Fußgänger fühlen, haben sie doch entgegengesetzte Bedürfnisse. Um längere Strecken mit dem Rad zurückzulegen braucht es Fahrradwege, aber genauso braucht es garantierte Fußgängerzonen, in denen man nicht über die Schulter schauen muss, bevor man um die Ecke geht.</p> http://www.autofreie-stadt.de/2009/01/raeder-gegen-beine/Muskelkraft oder Schrittgeschwindigkeit http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/muskelkraft-oder-schrittgeschwindigkeit/ <p>Das wäre der erste Schritt zu einer menschengerechten Stadt. Notfallfahrzeuge und öffentlicher Nahverkehr unterliegen natürlich anderen Rahmenbedingungen, aber wenn aller Individualverkehr diesen Vorgaben folgte, wären zumindest den krassesten Auswüchsen des städtischen Verkehrs die Spitze genommen. Kinder könnten wieder auf den Straßen spielen und Erwachsenen wäre der öffentliche Raum als Begegnungsort zurückgegeben. </p><p>Mit Muskelkraft betriebene Fahrzeuge können gar nicht die Geschwindigkeit und Masse aufbringen, um eine große Gefahr zu sein. Natürlich müssen sich Fahrräder und Rollerskater an bestimmte Wege und Vorgaben halten, um andere nicht übermäßig zu gefährden, aber selbst der schlimmste Fahrradunfall ist nicht mit einem Autounfall zu vergleichen. Ganz abgesehen davon, dass die wenigsten Fahrradfahrer überhaupt in der Lage sind, gefährliche Geschwindigkeit erreichen.</p><p>Was allerdings nicht funktionieren wird, ist zu hoffen, dass sich Auto- und Motorradfahrer von selbst an Geschwindigkeitsvorgaben halten. Die Erfahrungen der letzten 50 Jahre haben gezeigt, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Geschwindigkeit den Umständen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen anzupassen. </p><p>In Berlin wurde jüngst der Erfolg einer Verkehrsberuhigung gefeiert, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h (bei erlaubten 50) auf durchschnittliche 50 km/h (bei erlaubten 30) gesunken war. Selbst vor Schulen und in Wohngebieten wird oft mit der doppelten der erlaubten Geschwindigkeit gerast. In Spielstraßen, wo Schrittgeschwindigkeit tatsächlich gilt, ist es noch extremer. Interessanterweise betrifft das sogar die Anwohner, die damit nur die eigenen Kinder und Nachbarn gefährden. Der Rausch der nicht selbst erarbeiteten Geschwindigkeit ist einfach größer.</p><p>Das mag kleinlich klingen, aber die Bewegungsenergie und damit der Bremsweg und die zerstörerische Kraft bei Unfällen steigt nunmal <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Tempolimit">mit dem Quadrat der Geschwindigkeit</a>. Reifen- und Luftgeräusche, die bei höheren Geschwindigkeiten weit mehr Lärm verursachen als der Motor, steigen sogar mit der vier- bis sechsfachen Potenz. Bei doppelter Geschwindigkeit steigt der Bremsweg also um mehr als das vierfache, der Lärm um das sechzehnfache!</p><p>Nur beim Autofahren wird das ständige Brechen von Gesetzen und Vorgaben unter dauernder Gefährdung von anderen so toleriert und noch unterstützt. Geschwindigkeitskontrollen gelten als "Abzocke" und Politiker - selbst in der Regel alternde Männer und überzeugte Autofahrer - unterstützen diese Sichtweise oft noch.</p> http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/muskelkraft-oder-schrittgeschwindigkeit/Semiotik¹ des Hupens http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/semiotik-des-hupens/ <p>Dem Betätigen einer Hupe können sehr unterschiedliche Bedeutungen innewohnen. Für den Hupenden selbst kommuniziert das akustische Signal weitreichende, einfach verständliche Inhalte von "Achtung, ich überhole" über "Ich hätte Sie eben fast überfahren, es war aber nicht meine Schuld" bis "Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie soeben <a href="http://bundesrecht.juris.de/stvo/__37.html">§37.2.6 StVo</a> missachtet haben".</p><p>Für alle anderen Verkehrsteilnehmer reduziert sich der Bedeutungsgehalt auf: "Hallo, ich hupe." </p><p>Es ist mir rätselhaft, warum sich Autofahrer nach langwierigem, mehr oder weniger tiefgehendem Aneignen des menschlichen Kommunikationsprozesses damit begnügen, wieder in sitzender Haltung eindimensionale Signale abzusondern. Das wilde Gestikulieren soll zwar oft den fehlenden Tiefgang des Hupsignals ausgleichen, schafft aber mehr Fehlkommunikation als es dem Verständnis hilfreich ist.</p><p>Fahrradfahrer lassen sich inzwischen davon inspirieren. Als Radfahrer noch die einzigen beräderten Nutzer des öffentlichen Raums waren, war eine Klingel überflüssiger Luxus. Heutzutage ist sie leider häufig notwendig, um den metallenen Mantel der motorbetriebenen Mitbürger zu durchdringen, wenn diese Anstalten machen, den Fahrradfahrer in den toten Winkel zu manövrieren. </p><p>Gegenüber Fußgängern ist die Klingel bei niedriger Geschwindigkeit eigentlich unnötig, fahrradwegbesetzende Touristen lassen sich auch durch ein sanftes "Entschuldigung" vom Weg abbringen. Viele Fahrradfahrer nutzen jedoch lieber die Gelegenheit zum Nachahmen der <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Identifikation_mit_dem_Aggressor">Agressoren</a>, anstatt die mühsam erlernten Formen des menschlichen Miteinanders anzuwenden. </p><p>Eine Stadt ohne Autos ist eine Stadt ohne agressives Hupen. Nicht schade darum.</p><p><small>¹Semiotik: die allgemeine Lehre von Zeichen, Zeichensystemen und Zeichenprozessen.</small></p> http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/semiotik-des-hupens/Zebrastreifen für und aus Fußgängern http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/zebrastreifen-fuer-und-aus-fussgaengern/ <p>Schöne Idee aus Portugal: ein Zebrastreifen aus den Namen getöteter Fußgänger.</p><p><a href="http://www.youtube.com/watch?v=0YV_XaR1eSg">Zum Video</a></p> http://www.autofreie-stadt.de/2008/12/zebrastreifen-fuer-und-aus-fussgaengern/